Annes dritte Hausgeburt – ohne Hebamme

In ca. 3  Monaten wird mein viertes Kind zur Welt kommen.

Ich freue mich schon sehr auf die Geburt.

Eine Geburt ist für mich etwas so unglaublich kraftvolles und schönes. Ein Moment, in dem ich zutiefst mit mir selbst, meinem Körper, meiner Intuition, dem ungeborenen Kind und am Ende mit dem ganzen Universum verbunden bin. So tief im Jetzt. Die Tore zu anderen Welten offen. Dieser unglaubliche Moment, in dem ein Kind geboren wird. Mein Körper weiß, was zu tun ist. Die Weisheit aller Frauen steckt in mir. Meine einzige Aufgabe ist es, meinem Körper zuzuhören, ganz da zu sein, präsent dem zu lauschen, was als nächstes geschehen will und mich hinzugeben. Dieser magische Moment, wo ich so tief im Hier und Jetzt ankomme, wie zu vielleicht keinem anderen Zeitpunkt in meinem Leben, wo ich diese unbändige Kraft spüre, die sich durch nichts aufhalten lässt, die Tiefe, die Wildheit und Hingabe, das Vertrauen, dass mein Körper alle Weisheit in sich trägt, um ein Kind zu gebären, dieser Moment ist für mich unglaublich schön und berührend.

Meine drei Kinder kamen zu Hause zur Welt. Bei meiner ersten Geburt war eine Hebamme dabei. Bei den anderen beiden riefen wir die Hebamme erst, als das Kind schon geboren war. Bei meinem zweiten Sohn hatten wir nicht mit einer Alleingeburt gerechnet. Ich dachte nicht, dass die Geburt so schnell gehen würde (2,5 Std. ab der ersten Wehe) und wollte möglichst lange alleine sein und erst spät die Hebamme rufen. Dass es dann so schnell gehen würde, hätte ich nicht gedacht, nachdem bei meinem ersten Sohn die Geburt 13 Stunden gedauert hatte. Am Ende war ich unglaublich dankbar, dass die Hebamme erst 10 Minuten nach der Geburt unseres Sohnes kam, sodass ich diesen besonderen Moment, das Kind in den Armen zu halten gemeinsam mit meinem Mann erleben konnte. 

Während meiner dritten Geburt kam ich gar nicht auf die Idee, die Hebamme anzurufen. Inzwischen kannte ich mich so gut, dass ich wusste, für mich ist es am besten, während der Geburt ganz meine Ruhe zu haben und so wenig wie möglich abgelenkt zu werden. Mein Mann wusste auch, dass es gut ist jedes Nebengeräusch zu vermeiden – wie z.B. den laufenden Wasserhahn- und sich leise zu verhalten, wenn er im Raum ist, damit ich ganz bei mir bleiben kann.

Die ersten Wehen meiner dritten Geburt begannen nach dem Abendessen gegen 18.30 Uhr, als ich gerade dabei war, die Küche aufzuräumen. Auf Toilette merkte ich, dass sich rosafarbener Schleim gelöst hatte. Ich war neugierig, wie es wohl weitergehen würde.

Die Wehen waren noch nicht so stark. So konnte ich noch die Küche aufräumen und meinen Opa anrufen, der im Sterben lag, um ihm zu erzählen, dass vielleicht heute Nacht sein Urenkelchen geboren werden würde. Ich brachte gegen 21 Uhr noch meinen ältesten 4-jährigen Sohn ins Bett. Wie jeden Abend legte er seine Hände auf meinen Bauch und sprach mit dem Baby. Ich erzählte ihm nicht, dass ich stärker werdende Wehen hatte, um ihn nicht vom Schlafen abzuhalten. Immer mehr musste ich mich auf die Wehen konzentrieren und tief atmen.

Gegen 22 Uhr ging ich in die Badewanne, da ich wusste, das Wasser nimmt mir eine Menge des Schmerzes, wenn die Wehen stärker werden. Ich spürte, es ist an der Zeit, mich ganz auf die Geburt zu konzentrieren und in der Badewanne zu entspannen. 

Ich bat meinen Mann, den Geburtspool aufzufüllen, den wir uns für die Geburt ausgeliehen hatten. Er war dann den Großteil der Geburt damit beschäftigt, da der Nachtmodus unserer Heizung sich nicht so einfach verstellen ließ und das warme Wasser gerade ausreichte für meine halb gefüllte Badewanne.

Ich lag im warmen Wasser, schloss die Augen und spürte ganz in meinen Körper hinein. 

Bei jeder Welle atmete ich tief, mit dem positiven Wissen, dass die Wellen der Geburt meines Kindes dienten und uns näher ans Ziel bringen würden. Jedes Mal, wenn sich meine Gebärmutter zusammenzog, visualisierte ich die Öffnung meines Muttermundes und lenkte dort die Kraft der Welle hin. Ich hatte ein positives Gefühl den Wellen gegenüber. In mir war kein Widerstand, sondern Hingabe und Dankbarkeit für die Kraft und Weisheit meines Körpers, ein Kind zu gebären. 

So lag ich eine ganze Weile in der Badewanne und spürte in meinen Körper hinein und versuchte mich in jede Welle hinein zu entspannen.

Die Wellen wurden kraftvoller und ich konzentrierte mich ganz darauf, mich hinzugeben und präsent da zu bleiben, loszulassen und mich immer wieder aufs Neue zu entspannen. 

Ich folgte den Impulsen meines Körpers. Ging in die Hocke, den Oberkörper über den Wannenrand gebeugt. Spürte die Wucht der Wellen, wäre gern im Geburtspool gewesen, um mehr Wasser und Bewegungsfreiraum zu haben. Gleichzeitig wusste ich, dass ich es nicht mehr schaffen würde in den Pool umzuziehen, da mich die Wellen ohne Pause eine nach der anderen ergriffen. 

Selbst als sie so kraftvoll wurden, dass die Verlockung groß war, mich innerlich gegen den Schmerz zu wehren, schaffte ich es, mich in die Wellen hinein zu entspannen und mit meinem Bewusstsein ganz im Körper zu bleiben. Ich feierte die Kraft, die in mir steckte und genoss diesen zauberhaften Prozess, ein Kind zu gebären. 

Als ich merkte, dass das Kind bald das Licht der Erde erblicken würde, wurde ich unruhig, da ich diesen Moment gerne mit meinem Mann gemeinsam erleben wollte. 

Ich war immer noch in der Badewanne in der Hocke, folgte den Bewegungsimpulsen meines Körpers. Meine Stimme während der Wellen wurde kraftvoller und mein Mann kam glücklicherweise genau im richtigen Moment, sodass ich gegen 24 Uhr unsere wundervolle Tochter in seine Hände hinein gebären konnte. Dies war ein wundervoller Moment. 

Ich legte mich in die Badewanne, mein Mann legte mir unsere Tochter auf die Brust und deckte sie mit einem Handtuch zu. 

Ich war etwas verwundert, dass sie schrie. Unser zweiter Sohn hatte still uns anblickend auf meiner Brust gelegen. Da unsere Tochter nach ein paar Minuten immer noch schrie, rief mein Mann die Hebamme an, die auch kurz darauf  kam. 

Ca. 15 Minuten später, nachdem die Plazenta geboren war, halfen die beiden mir aus der Badewanne ins Bett und wir genossen noch ein paar Stunden die gemeinsame Zeit, während uns unsere Hebamme unterstützte mit dem was noch zu tun war.

Ich rief noch nachts meinen Opa an, um ihm die freudige Nachricht mitzuteilen und am nächsten Tag erfuhr ich, dass er 3 Stunden nach der Geburt seiner Urenkelin nun loslassen und seine Augen endgültig schließen konnte. Ich war sehr berührt von dieser Gleichzeitigkeit von Leben und Tod und dankbar, dass er gewartet und ich so noch die Möglichkeit hatte ihm von der Geburt zu erzählen.

Ich bin so dankbar, meine Kinder so wundervoll gebären zu können und wünsche jeder schwangeren Frau das Vertrauen, dass ihr Körper am allerbesten weiß was zu tun ist und den Mut, sich ganz auf den Moment einzulassen und in Liebe und Selbstvertrauen ihr Kind zu gebären.

Und ich bin dankbar für jede Hebamme, die Frauen bei der Geburt begleitet und sie unterstützt selbstbestimmt und natürlich ihr Kind auf die Welt zu bringen. Und auch danke allen Männern, die unterstützend den Raum für die Frauen halten, sie bestärken in ihrer Kraft und ihnen zur Seite stehen.

In Liebe und Vertrauen in die Kraft und Weisheit in jeder Frau.

Anne, 33 Jahre

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